Frank Sirona

Ziel seiner Landschaftsaufnahmen ist es, zwei scheinbar unvereinbare Wahrnehmungsweisen der Natur miteinander zu verbinden: Die Perspektive eines Malers und die eines Forschers.

Das Interesse des klassischen Landschaftsmalers gilt dem Gesamtbild. Er arbeitet mit Linien, Formen und Farben. Er ist auf der Suche nach Ausgewogenheit und nach gelungener Komposition. Sieht er beispielsweise eine Düne, so nimmt er ihre harmonisch geschwungenen Formen und, bei niedrigem Sonnenstand, das Spiel von Licht und Schatten wahr. Gäbe man ihm eine Kamera, so würde er Bilder schaffen, die die Schönheit, die Kraft oder die Vergänglichkeit des Gesehenen festhalten.

Das Interesse des Naturforschers hingegen richtet sich viel stärker auf die Details. Ihn interessieren Kausalität, die Naturkräfte und ihre Wechselwirkungen miteinander, Determinismus. Er sucht nach Erklärungen dafür, daß die Dinge so sind, wie sie sind, und er ist bestrebt, Naturphänomene auf Gesetzmäßigkeiten zurückzuführen. Führen wir ihn zu der selben Düne, so würde er das einzelne Sandkorn untersuchen. Er würde die Form der Düne, ihren Böschungswinkel und die laufenden Gestaltsveränderungen durch den Wind auf die physikalischen Eigenschaften des Sandkorns zurückführen. Gäben wir ihm eine Kamera, so würde er sich in Form von Nahaufnahmen auf Strukturen, Muster und Oberflächenbeschaffenheiten konzentrieren, die ihrerseits allesamt Zeugnis ablegen vom Spiel der Naturkräfte und ihrer gestaltenden Wirkung auf belebte und unbelebte Natur – und indem er dies tut, würde er Ursachen für die Beschaffenheit der natürlichen Welt sichtbar machen.

Der Einsatz von Großformatkameras sowie ein aufwendiger Prozeß zur Herstellung der Vergrößerungen erlaubt es Frank Sirona, beide Wahrnehmungsweisen der Natur in einem einzigen Bild zu erfassen. Sein Ziel sind Photographien, die zwei sehr verschiedene, aber dennoch untrennbar miteinander verwobene Ebenen aufweisen: eine ästhetische Ebene (die Wirkung der Natur auf den Betrachter) und eine rein analytische Ebene (die Wirkung formender Kräfte auf die Natur). Da diese Ebenen häufig auf voneinander sehr unterschiedlichen Größenmaßstäben angesiedelt sind, setzt die Verschmelzung beider in einem Bild eine extrem hohe optische Auflösung voraus. Das 4 x 5"-Aufnahmeformat (9 x 12 cm) ist hierfür in den meisten Fällen nicht hinreichend detailtreu, weswegen er für meine Arbeit überwiegend 5 x 7"- und 5 x 13"-Kameras (Filmformat 13 x 18 cm bzw. 13 x 34 cm) verwendet. Aus den gleichen Gründen bevorzugt er ein Endformat seiner Vergrößerungen von mindestens 70 x 100 cm. Die Verwendung von „Cibachrome“-Photopapier und die Kaschierung der Vergrößerungen hinter Glas oder Plexiglas verleihen den Photographien ein Maximum an Brillianz, die den extremen Detailreichtum und die Plastizität der Aufnahmen noch weiter unterstreichen. Dank der über Jahre hinweg immer weiter verfeinerten Abstimmung einer Fülle technischer Parameter gelingt in den Bildern von Frank Sirona nun eine Synthese zweier komplementärer Weltsichten – der Sichtweise des Malers und der des Forschers.

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